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Prof. Dr. phil. Hartmut Schröder

Professor für Gesundheitsförderung und Gesundheitskommunikation |
University for Digital Technologies in Medicine and Dentistry | Luxemburg

em. Professor für Sprachgebrauch und Therapeutische Kommunikation | Europa-Universität Viadrina | Frankfurt (Oder)

Prof. Dr. phil. Hartmut Schröder war bis zu seiner Pensionierung Lehrstuhlinhaber für Sprachgebrauch und Therapeutische Kommunikation an der Europa-Universität in Frankfurt (Oder).

Seit 2022 ist er Professor für Gesundheitsförderung und Gesundheitskommunikation an der University for Digital Technologies in Medicine and Dentistry in Luxembourg.

Er ist Präsident der Internationalen Gesellschaft für Natur- und Kulturheilkunde und betreibt zusammen mit seiner Frau, der Ärztin Marlen Schröder, ein Zentrum für Natur- und Kulturheilkunde.

Abstract Eröffnungsvortrag

Ist es der Geist, der sich den Körper baut?
Schmerzen und Schmerzbewältigung zwischen Natur und Kultur

Für den Arzt und Dichter Friedrich von Schiller stand fest: „Es ist der Geist, der sich den Körper baut.“ Was ist dran an dieser Aussage und lässt sie sich beweisen? Diskutiert wird diese Frage am Beispiel von Schmerzen und ihrer Bewältigung.

Das Leben beginnt im Schmerz und Schmerzen begleiten uns durch das ganze Leben hindurch bis zum Sterben. Erst der Tod scheint dem Schmerz Einhalt zu gebieten.
Das Schmerzempfinden aber ist für das menschliche Leben konstitutiv. Es lässt uns – freilich auf eine nicht erwünschte Art – spüren, dass wir leben. Schmerzen gehören wie Puls, Blutdruck, Temperatur und Atem sogar zu den Vitalzeichen eines Menschen; sie lassen uns unserer Körperlichkeit bewusstwerden und schützen und warnen uns vor Verletzungen.

Diese Schutz- und Warnfunktion verliert aber der chronische Schmerz, der damit erst eine Art Schmerzkrankheit wird. Chronische Schmerzen und nicht der akute Schmerz bilden heute das eigentliche Problem bei der Versorgung von Schmerzpatienten. Denn die moderne Medizin hat in der Behandlung und der Vermeidung von akuten Schmerzen Erstaunliches erreicht.

Bei der Behandlung chronischer Schmerzen ist sie aber noch immer nicht wirklich erfolgreich, so dass der Schweizer Philosoph Hans Saner eine nahezu paradoxe Situation beschreibt, „dass die Schmerzen in jenem Zeitalter am unerträglichsten sind, in dem am meisten gegen sie getan werden kann“.

Der chronische Schmerz zeigt, dass es hier nicht nur um ein körperliches Phänomen und etwas Objektives geht. Schmerzen sind nicht messbar und stellen etwas zutiefst Subjektives dar. Sie sind immer auch ein Phänomen des Bewusstseins.

Für die Reaktion auf einen Schmerzreiz sind Einschätzung, Sinngebung sowie Ursachenzuschreibung und Bewältigungsversuche von Bedeutung. Der jeweilige Kontext sowie auch sozio-kulturelle Faktoren sind entscheidend dafür, ob etwas überhaupt als Leid wahrgenommen wird. Dies sollte in therapeutischen Settings berücksichtigt werden.